breitenbach

Verfall von Urlaubsansprüchen

09.08.2023

Gemeinsam haben wir bereits das weite und faszinierende Thema der Urlaubsregelung kennengelernt, und mit Neugier einen umfassenden Überblick über die vielschichtigen Urlaubsregelungen in einem Arbeitsverhältnis gewonnen. Doch unser Streben nach Wissen ist noch nicht gesättigt, und daher wollen wir nun noch tiefer in das Thema Urlaub aus Rechten, Pflichten und Möglichkeiten eintauchen.


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Verfall von Urlaubsansprüchen

Zu dem Verfall von Urlaubsansprüchen sind die Pflichten der Arbeitgebenden in den vergangenen zehn bis fünfzehn Jahren durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts erheblich gestiegen. Aus diesem Grund lohnt sich aus unserer Sicht ein genauer Blick auf diese Anforderungen an die Arbeitgebenden.

Wie ist die gesetzliche Ausgangslage?

Einen Anknüpfungspunkt für die Gewährung von Urlaub, die Übertragbarkeit auf das nächste Kalenderjahr bzw. Urlaubsjahr und den Verfall finden wir in § 7 Abs. 3 Bundesurlaubsgesetz (BurlG):

Hier geht's zum Gesetzestext

Der angesprochene Teilurlaub im letzten Satz bezieht sich auf entstandene Urlaubsansprüche bei Eintritt in das Arbeitsverhältnis im zweiten Kalenderhalbjahr. Nach der Regelung des § 7 Abs. 3 BurlG verfällt jeglicher nicht genommener Urlaub am Jahresende, spätestens aber mit Ablauf des Übertragungszeitraumes, also am 31.03. des Folgejahres. Eine weitere Regelung dazu finden wir im Gesetz nicht.

Was haben der Europäische Gerichtshof und das Bundesarbeitsgericht zu dem Verfall von Urlaubsansprüchen entschieden?

Der Europäische Gerichtshof hat schon vor sehr langer Zeit in einer damals aufsehenerregenden Entscheidung festgestellt, dass ein nicht in Anspruch genommener Urlaub nicht verfallen kann, wenn der Arbeitnehmende während des gesamten Jahres und des gesamten Übertragungszeitraumes arbeitsunfähig erkrankt war und aus diesem Grunde seinen Urlaub nicht verwirklichen konnte. Das Bundesarbeitsgericht hat diese Vorgabe des Europäischen Gerichtshofs auch bestätigt und umgesetzt.

Dies gilt allerdings nur für den gesetzlichen Urlaubsanspruch.

Sie erinnern sich, in der Regel wird Arbeitnehmenden zusätzlich zu dem gesetzlichen Mindesturlaub vertraglicher Zusatzurlaub gewährt.

Was ist zu der Differenzierung zwischen gesetzlichen und vertraglichen Urlaubstagen im Arbeitsvertrag zu beachten?

Damit der vertragliche Mehrurlaub nicht ebenfalls den Vorgaben zum gesetzlichen Mindesturlaub unterliegt, muss in der Folge zur Rechtsprechung den Arbeitnehmenden eine Differenzierung zwischen gesetzlichem und vertraglichem Urlaub im Arbeitsvertrag beschrieben werden. Wichtig ist, die jeweils daran geknüpften Konsequenzen zu beschreiben.

Nach Ansicht von EuGH und BAG kann der gesetzliche Mindesturlaub nicht ohne weiteres verfallen. Für übergesetzlich gewährten Mehrurlaub gilt die Verfallsregelung nicht.

Ist ein Übertragungszeitraum von 15 Monaten für den gesetzlichen Urlaubsanspruch wirksam?

Der Europäische Gerichtshof bewertete einen Übertragungszeitraum von 15 Monaten als mit dem Europarecht vereinbar. Um Arbeitgebenden vor der Gefahr einer Ansammlung von zu langen Abwesenheitszeiträumen durch Arbeitnehmende zu schützen, kann die Einschränkung des Übertragungszeitraums wirksam sein.

In dem zu entscheiden Fall war der Übertragungszeitraum von 15 Monaten im Tarifvertrag hinterlegt. Der EuGH trifft jedoch keine verbindliche Aussage über die Mindestdauer eines Übertragungszeitraumes. Allerdings hat inzwischen das Bundesarbeitsgericht einen Übertragungszeitraum von 15 Monaten als zulässig bestätigt.

Was ist unter einer Tilgungsbestimmung zu verstehen?

Mit einer Tilgungsbestimmung können Arbeitgebende festlegen, in welcher Reihenfolge der Urlaubsanspruch mit der Gewährung des Urlaubs abgebaut bzw. getilgt wird. Somit könnte festgelegt werden, dass zunächst der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch getilgt wird bis dieser vollständig aufgebraucht ist. Haben Arbeitnehmende einen Teil des Jahresurlaubs bereits genommen und sind dann über das Ende des Übertragungszeitraumes hinaus arbeitsunfähig erkrankt, kann diese Festlegung erhebliche Auswirkungen auf den Urlaubsanspruch haben.


Der HR-Wissen-Expertentipp

Tilgungsbestimmung im Arbeitsvertrag

Ich empfehle Ihnen, hinterlegen Sie bereits im Arbeitsvertrag eine Tilgungsbestimmung. Einen Vorschlag für eine ausdrückliche Tilgungsbestimmung im Arbeitsvertrag haben wir für Sie vorbereitet:
"Bei der Erteilung des Urlaubs wird bis zu dessen vollständiger Erfüllung zunächst ggf. aus dem Vorjahr übertragener Urlaub, dann der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch, dann ein ggf. bestehender Anspruch auf gesetzlichen Zusatzurlaub und sodann der über den gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch hinausgehenden Urlaubsanspruch erfüllt."

– Ramona Eib, Expertin für Human Resources


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hendrik.ernst@rldatix.com


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