breitenbach

Sonderform der Arbeitszeit

16.08.2023

Über die Überstunden als Arbeitszeitsonderform haben wir uns bereits einen ersten Überblick verschafft. Heute steigen wir ein, zu den weiteren Sonderformen der Arbeitszeit: Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft

Für die Bewertung und die daran anknüpfende Vergütung bedarf es einer genauen Differenzierung. Verschaffen wir uns einen Überblick.


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Worin unterscheiden sich Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft?

Welche Art der Bereitschaft vorliegt, hängt nicht davon ab, was vereinbart ist. Ausschlaggebend sind die konkreten und tatsächlichen Arbeitsbedingungen.

Nach dem Bundesarbeitsgericht liegt das einzige Unterscheidungskriterium von Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft darin, ob Arbeitgebende eine Anordnung zum Aufenthaltsort getroffen haben oder ob die Arbeitnehmenden ihren Aufenthaltsort im Rahmen der durch den Zweck der Rufbereitschaft vorgegebenen Grenzen frei wählen können. Liegt zum Aufenthaltsort eine Anordnung der Arbeitgebenden vor, handelt es sich um Bereitschaftsdienst. Können Arbeitnehmenden im vorgegebenen Rahmen den Aufenthaltsort frei wählen, handelt es sich um Rufbereitschaft.

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts erging zur Vergütung des ärztlichen Hintergrunddienstes und zum Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25. März 2021 – 6 AZR 264/20 –
Vergütungsrechtliche Einordnung von ärztlichem Hintergrunddienst als Rufbereitschaft oder Bereitschaftsdienst

Hier geht's zum Gesetzestext

Wann ist Rufbereitschaft als Bereitschaftsdienst zu werten?

Nach neuer Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist Rufbereitschaft als Bereitschaftsdienst zu bewerten, wenn den Arbeitnehmenden auch vorgegeben wird, sich auf Zuruf innerhalb eines bestimmten kurzen Zeitraumes an seinem Arbeitsplatz einzufinden.

Für die Einordnung als Rufbereitschaft in Abgrenzung zum Bereitschaftsdienst kommt es daher entscheidend darauf an, ob die Arbeitnehmenden so sehr an der Verfolgung ihrer persönlichen und sozialen Interessen gehindert werden, dass es sich schließlich kaum von einer Anwesenheit im Betrieb und damit dem Bereitschaftsdienst unterscheidet.

An dieser Stelle hinterlegen wir die EuGH-Urteile für interessierte Leser.
EuGH, Urt. v. 09.03.2021 – C-344/19

Hier geht's zum EuGH-Urteil

EuGH, Urt. v. 09.03.2021 – C-580/19

Hier geht's zum EuGH-Urteil

Wie wird die Arbeitszeit bewertet im Fall von Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft?

Bereitschaftsdienst zählt vollumfänglich als Arbeitszeit. Wie auch bei der regulären Arbeitszeit haben Arbeitnehmende dabei Anspruch auf Ruhepausen.

Im Gegensatz zur Bereitschaftszeit zählt in der Rufbereitschaft nur der Teil der Bereitschaftszeit als Arbeitszeit, an dem Arbeitnehmende tatsächlich Arbeitsleistung erbringen. Die restliche Zeit der Rufbereitschaft ist Bereitschaftszeit.


Der HR-Wissen-Expertentipp

Einhaltung von Pausenzeiten im Bereitschaftsdienst

Kontrollieren Sie regelmäßig, ob die Pausenzeiten im Bereitschaftsdienst eingehalten und dokumentiert werden. Sollte das Gewerbeaufsichtsamt für eine Kontrolle zur Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes zu Ihnen ins Haus kommen, könnte die Einhaltung der Pausen im Bereitschaftsdienst geprüft werden. Darauf können Sie sich vorbereiten.

– Ramona Eib, Expertin für Human Resources

Wie werden Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft vergütet?

Die Frage der Vergütung des Bereitschaftsdienstes ist von dessen arbeitszeitgesetzlicher Bewertung grundsätzlich unabhängig. In Tarif- und Arbeitsverträgen kann der Bereitschaftsdienst daher geringer vergütet werden, als Arbeitsleistungen im Rahmen von Vollarbeitszeit.

Für Bereitschaftsdienst erhalten Arbeitnehmende in der Regel einen Stundenlohn oder eine pauschale Vergütung. Der Stundenlohn orientiert sich dabei an der zu erwartenden Arbeitsleistung (zum Beispiel 75%). Schon vor vielen Jahren hatte das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass der gesetzliche Mindestlohn auch für Bereitschaftsdienst gilt. Damit muss die Vergütung für den Bereitschaftsdienst in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns erfolgen.

Anders ist das für die Rufbereitschaft zu bewerten. Die tatsächlichen Einsatzzeiten sind mit dem regulären Stundenlohn zu vergüten. Umstritten ist für die Rufbereitschaft allerdings, ob Arbeitnehmende für Zeiten der inaktiven Rufbereitschaft ein Vergütungsanspruch zusteht. Die überwiegende Auffassung geht davon aus, dass betroffene Arbeitnehmende für die Einschränkung ihrer Dispositionsfreiheit eine Vergütung erwarten dürfen.

Üblich ist eine solche Vergütung inzwischen auch in Tarifverträgen für die Rufbereitschaft. Immer häufiger wird auch für die Rufbereitschaft inzwischen eine pauschale Vergütung vereinbart.

Soweit eine arbeits- oder tarifvertragliche Vereinbarung fehlt, bestimmt sich die Vergütung nach § 612 BGB. Auch diese Regelung ist von grundlegender Bedeutung.

Hier geht's zum Gesetzestext

Regelungen zur Vergütung finden sich in der Regel in Tarifverträgen. Findet kein Tarifvertrag Anwendung empfehlen wir dringend für die Transparenz und zur Klarstellung eine Regelung im Arbeitsvertrag.


Berichten Sie gern von Ihren Regelungen – gibt es Besonderheiten?  Senden Sie bitte eine E-Mail an:
hendrik.ernst@rldatix.com


Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft

Konnten wir Ihnen die rechtlichen Unterschiede der Sonderformen für Arbeitszeit verdeutlichen? In Verbindung der Sonderformen mit Ihrem Arbeitsalltag würden wir Ihnen gerne unsere Zeitwirtschaftslösung im Detail vorstellen. Verschaffen Sie sich einen Überblick, erhalten Sie mehr Informationen und vereinbaren Sie gerne einen Termin!

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